Thema:

Ich mit Duck­face und Deppenzepter

Das Dep­pen­apo­stroph ist ja schon eine gras­sie­rend um sich grei­fende Seu­che. Wurde zuerst fälsch­li­cher­weise nur das Genitiv‑s mit Apo­stroph abge­trennt, ist es trau­ri­ger­weise mitt­ler­weile auch noch das Plural‑s, das durch das Dep­pen­apo­stroph abge­hängt wird. Abge­hängte Plu­ral-esse, Pre­ka­riat sozu­sa­gen. Sagen darf man ja auch nix, dann heißt es ja sofort

ey, isch steh dazu, hast Du Pro­blem mit mir?“ So muss man wei­ter jede Menge Info´s und Sonstige´s ertragen.

Egal. Der Klü­gere gibt nach und die Dum­men regie­ren irgend­wann die Welt. Jetzt gibt es jeden­falls seit gerau­mer Zeit was Neues:

Der Gip­fel der neuen Selbst­ver­liebt­heits­kul­tur, die Krö­nung des Ich-Wahns, das Sah­ne­häub­chen auf Nar­zis­sens Ich-Ver­liebt­heit: das Dep­pen­zepter. Nar­ziss hat ja bekannt­lich nichts ande­res gemacht als sich um sein eige­nes Spie­gel­bild im Was­ser zu dre­hen und was dem Nar­ziss sein Was­ser­spie­gel ist dem Hips­ter sein Sel­fie-Stick. Für sei­nen Selbst­dar­stel­lungs­wahn braucht man ja in Zei­ten von Weit­win­kel und Dep­pen­zepter sogar noch nicht mal eine die Show stö­rende zweite Per­son, die das Foto knipst. Man liebt sich selbst und man macht es sich auch selbst – Sel­fie halt.

Nir­gends ist man davor sicher, kaum ein öff­net­li­cher Raum, in dem man nicht von den Sel­fie-Stan­gen und viel­mehr noch, von deren Schwin­gern, drang­sa­liert wird. Ich mit mir, ich beim Kaf­fee­trin­ken, ich beim Lesen, ich beim Nichts­tun, ich, ich ich.

Die neue Königs­dis­zi­plin ist aller­dings „ich mit Duck­face und Depen­zepter“. Will mei­nen, beson­ders frau zieht eine phä­no­me­nale Schnute und benutzt das Dep­pen­zepter, um sich mit sel­bi­ger selbst zu fotografieren.
Die Frage bleibt nur – was soll das? Warum macht man das? Bringt das was? Was macht man mit so einem Foto? Soll das cool sein, sexy, begeh­rens­wert, süß?
Dazu fällt mir gar nichts ein. Das kann nur eins bedeu­ten: ich bin nicht up to date, denn ich kapiere es nicht. Ein­fach abge­hängt bin ich. Out. Zu alt. Zu uncool. Wo soll das enden? Hilfe! Ich werde immer älter und immer uncoo­ler. Wer weiß, wie fal­tig ich in 10 Jah­ren aus­sehe… Was soll ich bloß machen? Auf­ge­ben? Ver­zwei­feln? Jetzt fällt´s mir ein!

Schnell das Dep­pen­zepter her­vor­ge­holt, Schnute gezo­gen und Sel­fie gemacht. Hurra, so jung wie heute bin ich mor­gen nicht mehr!